Die Wurzeln von Weihnachten - die Geschichte der Rentiermutter
Die Wurzeln unseres Weihnachtsfestes sind älter als wir denken. Was wäre, wenn sich hinter dem Weihnachtmann tatsächlich eine Frau verbirgt?
Die Wintersonnenwende auf der Nordhalbkugel ist der Tag mit dem geringsten Tageslicht und der längsten Nacht. Lange vor Weihnachten feierten unsere nordeuropäischen Vorfahren die Wintersonnenwende, den Moment, der die Rückkehr der Sonne und damit das Versprechen neuen Lebens im Frühling ankündigt.
Ohne den Komfort, den moderne Technologie bietet, muss diese Jahreszeit Ängste in den Herzen unserer Vorfahren geweckt haben. Angst, dass die Sonne nicht zu ihrem sommerlichen Glanz zurückkehren würde. Angst, dass es nicht genug Nahrung für den Winter geben würde. Ängste, die im Dunkeln am leichtesten auftauchen. Eine Feier des Lichts war da sicher sehr willkommen und notwendig gewesen.
Die längste Nacht wurde auch Modhranit -„Mutter Nacht“ genannt, da die Gott-Mutter, oder Mutter Göttin in dieser Zeit ihre Magie einsetzte, um die Samen zu nähren, die im dunklen Mutterleib der Erde ruhten, damit im Frühling neues Leben entstehen konnte. Es ist eine Zeit, den ewigen Kreislauf von Leben, Tod und Wiedergeburt zu feiern.
Viele der Elemente, die mit Weihnachten verbunden sind, haben ihren Ursprung in der Vergangenheit unserer alten Göttinnen: immergrüne Bäume, Stechpalme, Mistel, Kranz, brennende Kerzen und sogar unser Lieblings-Weihnachtsmann und sein Rentier, die beide ihren Ursprung in nordeuropäischen Sonnengöttinnen finden.
Saule, die litauische und lettische Göttin des Lichts und der Sonne,
Saule stieg an der Wintersonnenwende in einem von gehörnten Rentieren gezogenen Schlitten in den Himmel. Sie reiste mit der Hilfe ihres Schmieds, der eine goldene Tasse schmiedete, in der sie ihre Tränen auffangen konnte, die sich dann in Bernstein verwandelten. Während ihres Fluges durch den Himmel warf sie diese Bernsteinkiesel wie kleine Sonnenstücke und Äpfel in die Welt der Menschen. Sie war eine sich drehende Göttin, die ihre Fähigkeiten einsetzte, um die Sonnenstrahlen auf die Welt zu lenken.
Saule regierte alle Teile des Lebens und bestimmte Leben, Tod sowie das Wohlergehen und die Regeneration aller. Sie war die Sonne und ritt jeden Tag in ihrem Wagen über den Himmel. Sie begrüßte auch die Seelen der kürzlich Verstorbenen in ihrem Apfelbaum im Westen.
Die nordische Göttin Freya, eine sogenannte, das Schicksal spinnende und webende Göttin.
Freya saß während der Wintersonnenwende an ihrem Spinnrad und webte die Schicksale des kommenden Jahres. Diese Feier wurde Yule genannt, vom nordischen Wort für Rad. Der Weihnachtskranz wurde aus Freyad "Wheel of Fate" adaptiert und symbolisiert die zyklische Natur des Lebens.
Beaivi- die Sonnengöttin der Samen
Für die Sami, die Ureinwohner der nordischen Länder, ist Beaivi der Name für die Sonnengöttin, die mit Mutterschaft, Fruchtbarkeit von Pflanzen und Rentieren verbunden ist. Zur Wintersonnenwende wurde warme Butter (ein Symbol der Sonne) als Opfer für Beaivi auf Türpfosten verschmiert, damit sie an Kraft gewinnen und immer höher in den Himmel fliegen konnte. Beaivi wurde oft in Begleitung ihrer Tochter in einem Gehege aus Rentiergeweihen gezeigt und zusammen brachten sie Grün und Fruchtbarkeit in das Land zurück.
Die Rentiermutter oder auch die Deer Goddess
Lange bevor der Weihnachtsmann seine fliegenden Rosse über unseren mythischen Himmel schob, war es das weibliche Rentier, das zur Wintersonnenwende den Schlitten der Sonnengöttin zog.
Im Zuge des sich ausbreitenden Patriarchats und der damit verbundenen “Christianisierung” der alten heidnischen Traditionen des Winters, wurde der weißbärtige Mann, der „Weihnachtsmann“, geboren.
Die Rentiermutter
Es ist nicht das Bild von Rudolph, dem rotnasigen Rentier, das Weihnachtskarten und Weihnachtsdekorationen schmückt. Nein, in Wahrheit ist es wohl das Bild der Rentiermutter.
Rentiere sind die einzigen Mitglieder der Hirschfamilie, deren Weibchen Hörner haben und die stärker und größer sind als die Männchen.
Und anders als das männliche Rentier, das im Winter sein Geweih abwirft, ist es das Reh, das ihr Geweih behält. Und sie ist es, die im Winter die Herden führt.
Die Männchen werfen im Winter ihr Geweih ab und überlassen es der Hirschmutter, durch die lange, dunkle Nacht der Wintersonnenwende zu fliegen.
Das Rentier war ein heiliges Tier für unsere alten Vorfahren Nordeuropas. Das Reh wurde als Licht- und Lebensspender angesehen. Ihre Hörner waren mit dem Baum des Lebens verbunden und oft wurden sie mit der Sonne, der Lebensspenderin, die sie zwischen ihren Hörnern trägt, dargestellt.
Wenn wir uns also in dieser Jahreszeit vielleicht am Feuer versammeln, um Kindern Gutenachtgeschichten über den Weihnachtsmann und sein fliegendes Rentier zu erzählen - warum dann nicht die Geschichte der alten Hirschmutter von früher erzählen? Sie war es, die einst mit dem lebensspendenden Licht der Sonne in ihren Hörnern durch die längste, dunkelste Nacht des Winters flog.
Der schamanische Ursprung hinter dem Weihnachtsmann
Seit dem frühen Neolithikum, als die Erde viel kälter und das Rentier weiter verbreitet war, wurde das weibliche Rentier von den Menschen im Norden verehrt. Sie war die „lebensspendende Mutter“, die Anführerin der Herden, von denen das Überleben abhing. Unsere nordischen AhnInnen folgten den Rentierwanderungen für Milch, Nahrung, Kleidung und Obdach.
Und von den britischen Inseln, Skandinavien, Russland, Sibirien über die Landbrücke der Beringstraße war die Rentierkuh eine spirituell hoch verehrte Figur, die mit Fruchtbarkeit, Mutterschaft, Regeneration und der Wiedergeburt der Sonne in Verbindung gebracht wurde (das Thema der Wintersonnenwende).
Ihr Geweih schmückte Schreine und Altäre, wurde in Zeremoniengräbern beigesetzt und als schamanischer Kopfschmuck getragen. Ihr Bild wurde in stehende Steine geätzt, in zeremonielle Stoffe und Kleidung eingewebt, in Schmuck gegossen, auf Trommeln gemalt und auf die Haut tätowiert.
Die Schamanin
Während viele historische Erkundungen der heidnischen Ursprünge von Weihnachten eine Verbindung zwischen dem Gewand des Weihnachtsmanns und dem Schamanen, der rote und weiße Fliegen-Pilze sammelt, beobachten, erwähnen nur wenige, dass es die weiblichen Schamanen waren, die ursprünglich rote und weiße Kostüme trugen, die mit Fell, gehörnten Kopfbedeckungen oder rotem Filz besetzt waren.
Angesichts der Tatsache, dass die meisten Schamanen in dieser Region ursprünglich Frauen waren, ist es wahrscheinlich, dass ihre traditionelle Kleidung die wahre Quelle für das Kostüm des Weihnachtsmanns ist.
Und es scheint auch sehr wahrscheinlich, dass sie in der dunkelsten Winternacht die ersten waren, die mit dem Rentier einen schamanischen Flug (eine schamanische Reise in die Anderswelten) unternahmen.
Während diese Frauen heute weitestgehend vergessen sind, lebt die Rentiermutter immer noch in unseren Weihnachtskarten, saisonalen Dekorationen und Geschichten über das fliegende Rentier des Weihnachtsmanns. Viele Menschen haben bis jetzt noch nie von der Rentiermutter oder ihrer Schamanin gehört - was mich überhaupt nicht überrascht. Denn heutzutage ist das Internet voll von Artikeln, die die heidnischen Ursprünge von Weihnachten untersuchen. Was aber was immer wieder übersehen wird, ist die Idee, dass es eine weibliche Quelle für unsere heutigen Weihnachtstraditionen gegeben haben könnte.
Auch wenn wir sie vielleicht nicht gleich erkennen, glaube ich persönlich ja, dass sich ein tiefer, alter Teil von uns noch an die ursprüngliche „Mutter Weihe-Nacht“ erinnert, die der Welt Licht und neues Leben gebracht hat.
Ich nehme mir also einen Moment Zeit, um mich an die vergessenen Wintergöttinnen der alten Zeit und ihre magischen Rentiere zu erinnern. Ich schaue aus meinem kuscheligen, warmen, gemütlichen Zuhause in die Kälte des dunklen Vorabends hinaus.
Und vielleicht in der heiligen Nacht, wenn die Sonne wiedergeboren wird, werde ich sie sehen. Die Rentiermutter, die über den Sternenhimmel fliegt und das Licht sicher zwischen ihren Hörnern trägt.
🌞 Dieser Artikel ist inspiriert durch einen Artikel zur Mutternacht von Kirsten Armbruster
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